„Grundvertrauen in die Wirtschaft“

Bei der Premiere von Dialog2 diskutierten Unternehmer und Finanzexperten über Handelskrieg, Brexit und die Herausforderungen der Digitalisierung.

China und die USA überziehen sich gegenseitig mit Strafzöllen, die Brexit-Verhandlungen stehen auf der Kippe und dann sind da noch Italien und Griechenland. Es scheint als kämen Europa und die Welt derzeit nicht zur Ruhe. Für die S PrivateBanking Dortmund GmbH und die Sparkasse Dortmund Anlass genug, um für die erste Ausgabe ihrer neuen Veranstaltungsreihe „Dialog2“ das Thema „Der Handelskrieg und seine Folgen“ zu wählen. Anders als bei solchen Formaten üblich, verzichteten sie allerdings auf den obligatorischen Referenten auf der Bühne und die Stuhlreihen davor. Vielmehr luden sie hierfür namhafte Finanz- und Wirtschaftexperten ein, die in lockerer Runde mit Unternehmern und Freiberuflern in einen regen Diskurs eintraten.

Für die Dialog-Premiere in den Räumen der Fritz Effekt GmbH am Dortmunder Phoenix-See begrüßte Sparkassen-Vorstand Peter Orth, Dr. Thilo Goodall-Rathert, Chief Investment Officer (CIO) Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG. Der promovierte Volkswirt verstand es hervorragend, die rund 30 Teilnehmer der Talkrunde in einen munteren und kurzweiligen Schlagabtausch zu verwickeln. Einige der anwesenden Unternehmer berichteten auch über die Herausforderungen, vor denen sie gegenwärtig stehen. Am Ende war sich der Kreis über eines einig: Handelskrieg und Brexit sind nicht die Zukunftsthemen dieser Welt.

Beide Ereignisse ändern jedoch auch die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für zahlreiche Dortmunder Firmen. So fürchtet ein Geschäftsführer, der enge Kooperationen mit englischen und schottischen Zulieferern unterhält, die disruptiven Folgen des Brexits, wie Verzug und Effizienzverlust für seine Lieferketten. Ein Versicherungsmakler fragt sich wiederum, ob der bekannte Rückversicherer Lloyd’s-of-London auch mit neuer Dependance in Brüssel noch wie bisher in Europa tätig werden darf und ob die Entscheidungswege nicht generell langsamer und ineffizienter werden. Ein dritter Veranstaltungsgast, der in die USA und nach China exportierende Maschinenbau-Unternehmen beliefert, ist beunruhigt über die große Unsicherheit, die momentan überall zu spüren ist. Noch sei die Konjunktur positiv, aber wie lange noch?

Thilo Goodall-Rathert versuchte diese Sorgen ein wenig zu relativieren: „Diskutiert werden immer die Sachen, die schwierig sind, weil es einfach interessanter ist und mehr Aufmerksamkeit verspricht.“ Natürlich wirke sich die Unsicherheit auf die Aktienkurse aus, aber: „Können Handelskrieg und Brexit die Konjunktur vorzeitig abwürgen? Nein!“ Was zählt sei das Grundvertrauen in die Wirtschaft, in deren Zusammenhänge und Akteure – und das sei vorhanden. „Es ist eine Tatsache, dass es nahezu unmöglich ist, Wirtschaft auf politischem Wege kaputt zu machen.“ Man müsse lernen mit der neuen Situation umzugehen, sich mit ihr zu arrangieren und andere Wege zu beschreiten. „Höhere Zölle bedeuten ja nicht, dass es verboten ist, die Sachen zu kaufen oder verkaufen. Sie bedeuten auch nicht, dass Lieferketten aufhören zu existieren, sie verändern sich nur“, so Goodall-Rathert. „Es gibt immer weitere Möglichkeiten. Der menschliche Geist kann mehr hervorbringen, als der Einzelne sich vorstellen kann. Die Wirtschaft wird Lösungen finden.“

Das sehe man schon jetzt zum Beispiel bei Rohstoffen. So seien die Soja-Exporte aus den USA nach Europa um mehr als 50 Prozent gestiegen. Die Chinesen auf der anderen Seite importierten nun mehr Soja aus Südamerika.

Mit der Aussage „Wir haben größere Herausforderungen als den Handelskrieg und Brexit“ lenkte ein Veranstaltungsteilnehmer das Gespräch in Richtung Digitalisierung. Nicht wenige teilten die Befürchtung, dass Deutschland auf diesem Gebiet von anderen Ländern abgehängt wird. „In Asien ist der Hunger auf Neuerungen viel größer. Die digitalen Hubs befinden sich in Tel Aviv, Bombay oder im Silicon Valley“, so ein anderer Unternehmer. Ein dritter betonte, dass Angst ein falscher Berater sei: „Wir müssen Digitalisierung als Chance begreifen, die uns hilft zukünftige Aufgaben wie Bevölkerungswachstum oder Ressourcenknappheit zu bewältigen. Aber wir müssen das alles viel schneller, effizienter und präziser auf die Kette kriegen.“

Im Anschluss fallen Namen wie Google, Uber oder Tesla, die deutschen Firmen den Rang in der Entwicklung von selbstfahrenden Autos ablaufen.

Mitnichten weiß Goodall-Rathert. „Die Autos, die in großer Anzahl über längere Strecken autonom fahren werden sind LKW in den USA. Einer der absoluten Marktführer auf diesem Gebiet ist Daimler. Deren Tochter Freightliner stellt die großen Trucks her, die bereits heute selbstständig hintereinander herfahren können und als erstes Lizenzen für den Einsatz bekommen haben.“

Künstliche Intelligenz (KI) werde insbesondere von der Versicherungswirtschaft angewendet und vorangetrieben. Ganz vorne mit dabei sei hier zum Beispiel die Zurich Insurance Group, die KI bei der Abarbeitung von Schadensfällen einsetzt.

„Wir sehen häufig nur die Schlaglichter, als Paradebeispiele. Tatsächlich machen sie nur einen sehr kleinen Teil der Gesamtwirtschaft aus. Die Aspekte sind vielfältig und wir sehen, dass die Digitalisierung auch im Mittelstand angekommen ist“, erklärt der Finanzexperte abschließend.

Foto oben: Beim ersten Auftakt der Veranstaltung „Dialog2“ trafen sich (v.l.n.r.) Daniel Weies, Berater bei der S PrivateBanking Dortmund GmbH, Referent Dr. Thilo Goodall-Rathert, Chief Investment Officer (CIO) Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG, Sparkassen-Vorstand Peter Orth, S PrivateBanking-Geschäftsführerin Tanja Frommert, Dirk Eckardt Berater bei der S PrivateBanking Dortmund GmbH sowie Bernd Gregor, Bereichsleiter Unternehmensbetreuung bei der Sparkasse Dortmund. ©Foto: Stephan Schütze

Fotos unten: In den Räumen der Fritz Effekt GmbH am Dortmunder Phoenix-See fand die Premiere der Veranstaltungsreihe „Dialog2“ der S PrivateBanking Dortmund GmbH und der Sparkasse Dortmund statt. ©Fotos: Stephan Schütze